- KÖNIG LEAR -
72. Bad Hersfelder Festspiele 2023
vom 30.06. bis 2608. 2023
in der Stiftsruine
36251 Bad Hersfeld
Die fantastische Premiere von König Lear am 30.06.2023 war:
Mitreißend! Glamourös!
Dramatisch! Emotional!
In einigen Szenen durchaus amüsant!
König Lear
ist eine brillante Inszenierung von
Tina Lanik
mit der fantastischen
Charlotte Schwab als -König Lear-,
Wobei alle Darsteller ihre Rollen mit einer Intensität und Leidenschaft verkörpern,
welche die Zuschauer regelrecht in ihren Bann zieht.
Unterstützt von den herausragenden Bühnenbildern - Stefan Hageneier's.
In der ersten Hälfte, sehr glamourös in Goldtönen gehalten.
In der zweiten Hälfte, der krasse Gegensatz,
Die Bühne versinkt in einem düsterem Ambiente,
durch das der Verfall König Lear's besonders hervorgehoben wird.
Sehr beeindruckend auch Lea Tessmann ,
Sie begleitet am Cello die gesamte Vorstellung.
und interpretiert Stimmungen perfekt.
Mal sphärisch enthoben, mal dunkel dräuend,
Licht- und Toneffekte werden geschickt eingesetzt.
Die Kostüme von
Stefan Hageneier, sind sehr facettenreich und von hoher Qualität.
Hervorheben möchte ich auch die aufwändige Arbeit der
Maske
.
Mir persönlich hat Alles sehr gut gefallen und dem Publikum offensichtlich auch,
denn am Ende gibt langanhaltenden Applaus und Standing-Ovationen.
Kleine Anmerkung:
Warum ich gerade dieses Foto als Titelbild gewählt habe:
Dieses Foto verdeutlicht für mich, in der hellen (Macht und Größe) und dunklen Seite (Verfall und Abstieg) ,des
KÖNIG LEAR.
Das Bühnenbild im ersten Akt
(Stefan Hageneier) besteht aus einer modernen, goldenen durchbrochenen Wand,
mit einer voluminösen Drehtür.
Auf der Rundbühne davor wird gerade ein großer Tisch aufwändig mit einer goldenen Tischdecke und einer opulenten Geburtstagstorte gedeckt.
Vorab erscheint in einer kurzen Sequenz der Rückblick auf eine frühere Geburtstagsfeier
mit Lear's jungen Töchtern.
Schwach und erschöpft erscheint König Lear zu seiner 80igsten Geburtstagsfeier.
Aber als die Gäste eintreffen ist davon nichts mehr zu spüren.
Sein Rücken strafft sich und er strahlt Überlegenheit, Machtbewusstsein, Stärke,
aber auch Misstrauen und schlechte Laune aus.
Die Gäste der Geburtstagsfeier:
Die Töchter König Lears:
Cordelia - Friederike Ott
Goneril - Katrin Röver
und
Regan - Nora Buzalka
Graf von Gloucester - Max Herbrechter
Edgar-Gloucester's Sohn - Bijan Zamani
Edmund-Gloucester's Bastard
- Phillip Henry Brehl
Herzog von Cornwall - David Moorbach
Herzog von Albany - Frank Wünsche
Graf von Kent - Günter Alt
und später erscheint noch der
König von Frankreich - Thomas Huber
Lear ist des Regierens müde und will das Reich auf seine drei Töchter aufteilen
und zwar nach dem Maß ihrer Liebe zu ihm.
Doch das kann er nicht selbst ermessen, das sollen ihm seine Töchter erzählen.
Und das will ausgerechnet der Jüngsten, Cordelia, die ihn am meisten liebt und auch sein Liebling ist,
nicht gelingen, denn sie kann ihre wahren Gefühle nicht in schöne Worte fassen!
Stattdessen sagt sie Worte wie:
"Ich Unglückselige, ich kann nicht mein Herz auf meine Lippen heben!!"
Wer sind die drei Töchter König Lears?:
Cordelia, ist die liebende, aber missverstandene Tochter,
Goneril und Regan
präsentieren sich zunächst als liebevoll besorgte Töchter und solidarische Schwestern,
Aber es sind die kleinen Gesten und die Gesichtsmimik die verraten,
das nicht alles stimmt was sie erzählen um die Gunst ihres Vaters zu gewinnen.
Cordelia wird verstoßen weil sie ihre Liebe zu dem übermächtigen Vater nicht glaubhaft rüberbringen kann.
Der König von Frankreich -
Thomas Huber
hat sich in Cordelia verliebt und nimmt sie, auch ohne Mitgift, als seine Ehefrau mit nach Frankreich.
Die beiden anderen Töchter erhalten das Reich
und müssen dafür ihren Vater „mit hundert Mann Gefolge“
– womit natürlich nur die Bewaffneten gemeint sind, deren Knappen und Diener kommen noch dazu–
im monatlichen Wechsel würdig beherbergen.
Des Königs Vertrauter Kent -Günter Alt mahnt Lear,
das sein Urteil ungerecht und wenig weise wäre– sofort wird auch er u.a. mit den Worten:
"Schweig Kent! Tritt nicht dazwischen wenn der Drache wütet!"
verstoßen und des Landes verwiesen.
Intrigen, Neid und Missgunst!!!
Edmund -Phillip Henry Brehl
sinnt über seinen Status nach und überlegt wie er an mehr Macht kommt
und eventuelle Gegenspieler mit List und Tücke aus dem Weg räumen kann.
Mit einem fingierten Brief schafft er es seinen Stiefbruder
Edgar - Bijan Zamani
als Verräter zu deklarieren
und ihn somit in die Flucht zu jagen.
Als Bettler verkleidet wandert Edgar bzw. Tom fortan ziellos durch die Lande.
Kent kann sich aber nicht von Lear trennen und bleibt in seiner Nähe.
Mit Hilfe einer entwendeten Dienstbotenlivree und Perücke
kann er sich so unerkannt in der Nähe seines Königs aufhalten.
Mittlerweile wächst der Unmut der beiden Töchter über das Verhalten Lear's und seines Gefolges.
Der König zeichnet sich immer mehr durch ein unflätiges Benehmen aus
und hat seine Männer längst nicht mehr im Griff.
Die Schwestern verbünden sich und beschließen, das Lear nur noch allein, ohne sein Gefolge
bei ihnen wohnen darf.
Beleidigt und jede weitere Hilfe ablehnend versinkt Lear in einem Meer von Selbstmitleid
und irrt ziellos umher..
Aber in Kent, den er nicht wiedererkennt in seiner Verkleidung,
und der ihm erneut seine Dienste anbietet, hat er einen treuen Freund an seiner Seite.
Eine kleine Anmerkung am Rande:
Wie professionell bei den
"Bad Hersfelder Festspielen"
gearbeitet wird, zeigt die kleine Panne kurz vor der Pause am Premierenabend.
Gekonnt überspielt Charlotte Schwab den Tonhänger kurz vor Ende des ersten Akts der Vorstellung
mit den Worten:
"Ihr könnt nicht weiterspielen? Ich schon“, meinte sie locker, unter großem Beifall des Publikums
und zu ihrer Partnerin gewandt sagt sie:
"Aber ich würde dich gerne nicht nur sehen, sondern auch hören“,
Der Schaden am Mischpult wurde sehr rasch durch die Bühnentechnik - Guido Gelbert & Bernd Christmann behoben.
Da ich in der Pause auf meinem Platz geblieben bin, konnte ich mir in aller Ruhe ansehen,
wie schnell und routiniert die gesamte Bühnenansicht von der Crew verändert wird.
Eine Kugel aus durchsichtigen Stoffbahnen im Chor, die von oben beleuchtet wird,
schwebt über einer düsteren Landschaft mit Holzbauten.
In der Mitte auf der meistens effektvoll beleuchteten Drehbühne liegen Müllsäcke und Plastikplanen.
Das Ganze strahlt jetzt schon eine Endzeitstimmung aus.
Im zweiten Teil erscheint Lear begleitet von drei Närrinnen:
Närrin Anna Gränzer
Närrin Bettina Hauenschild
Närrin Beatrix Doderer.
Im Gegensatz zur Originalfassung von
W. Shakespeare
hat die Regisseurin Tina Lanik aus einem Narren gleich drei Närrinnen gemacht.
(Vielleicht eine Anspielung auf die "Schicksalsgöttinnen" die in verschiedenen Mythologien auch häufig als prophetische Dreiheit auftreten.)
In dieser dunklen, regnerischen und stürmischen Nacht irrt Lear in Begleitung von Kent umher.
Auf der Suche nach einer trockenen Unterkunft stoßen die Närrinnen in einer
der Holzhütten auf den Bettler Tom (Edgar).
Und das Unheil nimmt seinen Lauf!!
Wir sehen Edmund, der wieder mit Hilfe einer gefälschten Botschaft,
diesmal seinen Vater
den Graf von Gloucester in eine Falle lockt.
Gloucester wird gefangen genommen.
Ihm werden vom grausamen Cornwall beide Augen herausgerissen
und bleibt hilflos zurück.
Tom
(Edgar) findet seinen hilflosen Vater und führt ihn zu einer sicheren Hütte..
Gloucester sagt zu Tom:
"Es ist der Fluch der Zeit, das Verrückte Blinde führen!"
Durch die Ergreifung des Haushofmeisters von Goneril
Oswald - Thomas Huber
fällt Tom (Edgar)
ein Brief in die Hände aus dem hervorgeht welche Rolle sein Stiefbruder Edmund
bei seiner Flucht gespielt hat.
Eifersucht und das bittere Ende!!
Goneril und Regan buhlen beide um die Gunst von Edmund.
Der heftige Streit um ihn endet für Goneril tödlich,
denn die einstmals beschlossene Solidarität endet hier.
Regan schneidet ihrer Schwester die Kehle durch.
Ein dramatisches Finale!!
Ein sehr gealterte
Cordelia kehrt zurück um ihren Vater zu suchen und findet ihn
dank der Hilfe von Kent.
Sie will ihn mitnehmen, aber König Lear ist am Rande des Wahnsinns und nur noch ein Schatten seiner selbst
und deshalb lässt sie ihn in seiner gewohnten Umgebung..
Lear 's fortschreitender Wahnsinn zeigt ihn u.a. als nackten Greis teilweise nur in einem roten Mantel gehüllt. .
Mittlerweile ist ein Krieg ausgebrochen und Edmund kämpft für sein Vaterland.
Am Ende gerät er in einen wahren Tötungsrausch und sticht die in apokalyptische Raumanzüge
gekleideten Feinde einen nach dem anderen nieder,
Aber am Schluss wird auch er von seinem eigenen Bruder für seinen Verrat getötet.
Cordelia kehrt mit ihrem französischen Heer noch einmal zurück und kommt dabei ums Leben.
König Lear findet und trägt sie herein.
Dann bricht er selbst sterbend über seiner geliebte Tochter zusammen.
Es ist mit einer der emotionalsten Moment in diesem Drama.
Mit den Worten „Und das ist das Ende“ verlöscht das Licht.!!
Mein Resümee:
König Lear
ist keine leichte Kost und es war beileibe keine lustiger Komödienabend.
Die Rolle Lears mit einer Schauspielerin zu besetzten war ein großes Wagnis.
Aber das Experiment der Regisseurin Tina Lanik ist voll beim Publikum (und auch bei mir) angekommen .
Die hervorragenden Leistungen
der gesamten Cast wurde mit langanhaltendem , donnerndem Applaus und Standing Ovationen belohnt.
Besonders herausragend
Charlotte Schwab,
die König Lear mit all seinen Facetten mit einer solchen Intensität und Leidenschaft verkörpert,
die unter die Haut geht.
Sie hat die Verwandlung des starken Patriarchen König Lear bis hin zum gebrochenen und den Verstand verlorenen Monarchen in einer Weise gespielt, bei dem mir manchmal der Atem stockte.
Außerdem war interessant zu sehen, wie wunderbar Philipp Henry Brehl als
Bösewicht Edmund agierte. Fast immer scheinbar gelangweilt als Beobachter
am Rand sitzend, ab und zu mit den Zehen wippend, oder mit außergewöhnlichen Tanzschritten und einer goldenen Schleppe über die Bühne gleitend,
harmlos aussehend und dabei es faustdick hinter den Ohren zu haben,
das hat schon was.
Dagegen sein Bruder Edgar - Bijan Zamani genau das Gegenteil. Ehrenhaft, hilfsbereit und fürsorglich.
Wie er seinem Vater nach der Blendung Mut macht und weiterhilft kommt sehr sympathisch rüber.
Fantastisch auch Max Herbrechter als Gloucester, vor allem in der
Blendungsszene und danach.
Souverän und authentisch spielt
Günter Alt die Rolle des loyalen Kent
der mit Entschlossenheit und Mut seinem Herrn "König Lear" in jede Lebenslage folgt.
Die Schwiegersöhne:
Albany - Frank Wünsche, ein aufrichtiger Mensch der sich schon früh von den
Machenschaften seiner Ehefrau Goneril distanziert.
Cornwall - David Moorbach spielt sehr authentisch den machtgierigen,
rücksichtslosen und brutalen Part, besonders bei der Blendungsszene.
Thomas Huber in einer Doppelrolle als hinreißender König von Frankreich und Ehemann von Cordelia
sehr sympathisch und als Oswald genau das Gegenteil. Intrigant und hinterhältig.
Die Töchter:
Goneril - Katrin Röver
und
Regan - Nora Buzalka
bilden erst ein starkes Bündnis als es gegen ihren Vater "König Lear" geht, aber
als es um Edmund geht zerbricht diese Solidarität und endet mit dem Tod von Goneril.
Cordelia - Friederike Ott
berührt die Herzen des Publikums mit ihrer Liebe und Loyalität zu ihrem Vater.
Den drei Närrinnen:
Anna Gränzer, Bettina Hauenschild und Beatrix Doderer
gelingt es außerordentlich gut mit Wortwitz und großartiger Gestik die Närrinnen gut darzustellen.
Lea Tessmann
begleitet am Cello perfekt die gesamte Vorstellung.
Wahre Meisterleistungen vollbringen Bühnentechnik, Maske, Kostümabteilung und all die anderen Gewerke,
die im Hintergrund arbeiten. Erfreulich deshalb, dass sie zum Schlussapplaus mit auf die Bühne gebeten wurden.
Die Premiere von
König Lear
bei den
Bad Hersfelder Festspielen
war zweifellos ein Meisterwerk.
und ein atemberaubendes Spektakel, das das Publikum von der ersten Minute an
in seinen Bann zog und bis zur letzten Szene nicht mehr losließ.
Die
72. Bad Hersfelder Festspiele 2023
haben damit erneut bewiesen, dass sie zu den besten Theatern in Deutschland gehören
und ihr Publikum immer wieder mit ihrer herausragenden Arbeit begeistern und überraschen können.
Der Applaus war dementsprechend laut und dauerte lange an.
KarSo
Ausführliche Vita-Texte sind auf der Internetseite der Bad Hersfelder Festspiele zu finden.
Unter diesem Link gibt es das weitere Informationen zum Programm der Bad Hersfelder Festspiele:
https://www.bad-hersfelder-festspiele.de/schauspiel/koenig-lear#
Tickets und Informationen:
Telefon +49 6621 640200
ticket-service@bad-hersfelder-festspiele.de
www.bad-hersfelder-festspiele.de
Weitere Links zu Berichten von www.karso-unterwegs.de zu den Bad Hersfelder Festspielen:
https://www.karso-unterwegs.de/veranstaltung-bad-hersfelder-festspiele
