NOTRE DAME
Bad Hersfelder Festspiele 2022
-Bericht über die Uraufführung am 01.07.2022-
Stiftsruine
36251 Bad Hersfeld
Die Premiere der Uraufführung von
NOTRE DAME
war einfach grandios, spektakulär und eindringlich.
Vor fast vollbesetztem Haus spielte die prominente Besetzung einen schweren Stoff,
den
Intendant Joern Hinkel und Dramaturg Tilman Raabke
aus Victor Hugos Roman von 1831, in ein vielschichtiges, modernes Theaterstück umgewandelt haben,
Am Ende gab es großen Beifall und viel Zustimmung.
NOTRE DAME
passt perfekt in die fantastischen Kulisse der Stiftsruine.
Für das Bühnenbild hat
Jens Kilian
fahrbare Elemente entwickelt, die zu Häusern, einem Bordell, dem Inneren der Kathedrale und dem Gefängnis werden,
Aber zwischendurch auch immer wieder den Blick auf die Apsis der Ruine gestatten.
Mit dem neuen Technik-Highlight "Mapping",
welches von
Sheidan Zeinalov und Maximilian Pfisterer
entworfen wurde,
entsteht auf der Bühne, die Illusion in Paris vor der brennenden Kathedrale zu stehen,
oder an der Seine, oder in die Räume von König Ludwig XI zu schauen.
Dazu kommen die gelungenen Kostüme, für die
Daniela Selig
verantwortlich ist und aus einer Mischung von historischen
und modernen Kostüm-Anleihen bestehen,
Die Musik mal wild, dämonisch oder auch romantisch, untermalt die Szenen stimmungsvoll und ist von
Jörg Gollasch.
Vorher wurden die 71. Bad Hersfelder Festspiele 2022 mit einem feierlichen Festakt eröffnet.
Die zahlreich erschienen Prominenz aus Politik und Medien ließ sich gerne auf dem roten Teppich fotografieren
und wurde mit viel Beifall empfangen.
Aber nun zum Stück:
Paris 1482.
Der Dichter Pierre Gringoire (Mathias Schlung ) möchte auf dem Marktplatz eine Theaterpremiere aufführen.
Aber das Publikum will lieber das Spiel des -Fratzenschneidens- veranstalten.
Es gewinnt Quasimodo (Robert Nickisch) der als Findelkind vom Domprobst der Notre Dame
Claude Frollo (Richy Müller) aufgezogen wurde und nun als "Narrenpabst" gekrönt wird.
Aber schon wird der Platz wieder von einer neuen Attraktion belebt.
Die schöne Esmeralda (Cathrine Sophie Dumont) taucht mit
ihrer Ziege Djali (Karla Sengteller) auf.
Wenig später versucht Quasimodo im Auftrag von Claude Frollo, Esmeralda zu entführen.
Er wird aber vom Soldaten Phöbus de Châteaupers (Oliver Urbanski) daran gehindert.
Esmeralda verliebt sich auf der Stelle unsterblich in Phöbus.
Quasimodo wird gefasst und zur öffentlichen Auspeitschung am Pranger verurteilt.
Im allgemeinen Tumult sind Esmeralda und Djali geflohen und haben bei den Gesetzlosen Zuflucht gesucht.
Der Dichter Gringoire hat sich in Esmeralda verliebt und sucht sie.
Da er mittlerweile mittellos ist hofft er im Reich der Gauner Zuflucht zu finden.
Aber wer das Reich betritt wird bestraft oder muß eine Mutprobe bestehen.
Besteht er nicht wird er aufgehängt!
Da er versagt wartet der Strick auf ihn. Es sei den, eine der Damen ist bereit ihn zu heiraten.
Aber keine will ihn.
Esmeralda und Djali beobachten das Dilemma aus luftiger Höhe und die Tänzerin
entschließt sich den Dichter zu heiraten.
In der Hochzeitsnacht gesteht Esmeralda ihrem Mann, dass sie Jungfrau bleiben will.
Mittlerweile versteht sich Pierre G. immer besser mit der Ziege.
Um an der Auspeitschung teilzunehmen tauchen mehrere honorable Bürgerinnen auf dem Marktplatz auf.
Oudarde Muusnier (Lara Aylin Winkler), Gervaise (Luca Lehnert), Mahiette (Kristina Kufert)
und ihr Sohn (an diesem Abend Jan Pfeiffer).
In einem Holzverschlag am Rande des Platzes sitzt Gudule (Bettina Hauenschild)
Genüsslich erzählt Gervaise den Anderen die tragische Geschichte der Klausnerin.
Vor vielen Jahren waren Zigeuner (heute:Sinti /Roma) in der Stadt.
Gudule hatte vor kurzer Zeit ein wunderschönes Mädchen geboren.
Am nächsten Tag war das Baby verschwunden und nur ein kleiner Schuh lag noch in der Wiege.
Seitdem lebt sie als Büßerin fernab jeder Gesellschaft in dem Käfig.
Aloise de Gondelaurier (Anouschka Renzi) will ihre Tochter Fleur-de-Lys (Lara Aylin Winkler)
mit Hauptmann Phöbus verheiraten.
Unten auf dem Platz sind Esmeralda und Djali. Der Hauptmann soll beide hochbitten
damit man sie lächerlich machen kann um von den eigenen Unzulänglichkeiten abzulenken.
Aber das scheitert kläglich.
Der Hauptmann fühlt sich in diesem Kreis sichtlich sehr unwohl und muss nach jedem Besuch erst mal
alle Flüche ausspucken, die er vorher runterschlucken musste.
Claude jüngerer Bruder Jean Frollo (Peter Englert) unterhält sich kurz darauf mit Phöbus
über dessen Rendezvous mit Esmeralda im anrüchigen Etablissement von Madame Falouradel (Anouschka Renzi).
Sie werden dabei von Claude belauscht, der in einem gefährlichen Moment,
als Phöbus Esmeraldas Unschuld rauben will, dazwischenfährt.
Er sticht Phöbus nieder und flieht wie ein schwarzes Gespenst.
Eine wichtige Zeugin der Gerichtsverhandlung ist Madame Falouradel (Anouschka Renzi)
die Besitzerin des anrüchigen Etablissement.
Statt Claude werden Esmeralda und Djali wegen versuchtem Mord und Hexerei zum Tode verurteilt und in den Kerker geworfen.
Im Gefängnis besucht Claude Esmeralda um ihr seine Liebe zu gestehen und um sie zu retten.
Aber er wird von ihr abgewiesen und als Mörder bezeichnet.
Stattdessen rettet Quasimodo Esmeralda und bringt sie in die Kathedrale Notre Dame.
Denn wer die Schwelle von Notre Dame überquert. hat Anspruch auf das unantastbare Kirchenasyl.
ASYL!
-Pause-
Mit dem Einbruch der Dunkelheit kann auch das Mapping eingesetzt werden
und die Stiftsruine erscheint in einem neuen, abwechslungsreichem optischen Outfit!!
Auch der fast taube Quasimodo ist in Esmeralda verliebt.
Aber sie empfindet nur Mitleid und Abscheu für ihn.
Quasimodo sagt einmal leise und verzweifelt:
"Es ist mein Pech das ich noch zu sehr Mensch bin. Ich möchte lieber ein Tier sein wie die Ziege,
dann würde auch ich geliebt."
Unten auf dem Platz feiert die Gesellschaft von Madame de Gondelaurier eine Party.
Esmeralda erkennt Phöbus und fordert Quasimodo auf, ihn zur Kathedrale zu bringen.
Quasimodo kehrt unverrichteter Dinge zurück, Esmeralda schimpft mit ihm, er sagt:
"Das nächste Mal werde ich es besser machen" und verschwindet für längere Zeit
Damit verstummt auch die Glocke von Notre Dame.
Aber lange kann er es ohne seine geliebte Glocke nicht aushalten und kehrt zur Freude
der Bevölkerung wieder zurück.
Claude Frollo versucht inzwischen den Dichter Pierre Gringoire zum Sturm auf Notre Dame zu bewegen
um Esmeralda zu befreien. Mit Hilfe der Gesetzlosen geht es zur Kathedrale.
Ein riesiger Baumstamm wird auf die Bühne gebracht und als Rammbock benutzt.
Die Schläge und Stöße bringen nicht nur die Pforte der Kathedrale zum erschüttern sondern auch
der Zuschauerbereich erzittert unter den mächtigen Stößen.
Quasimodo versteht die Absicht falsch, vermutet das die Kirche erobert und Esmeralda ermordet werden soll
und schüttet von oben glühendes Pech auf die Angreifer um sie abzuwehren.
Mittlerweile ist König Ludwig XI. (an diesem Abend vertretungsweise Thorsten Nindel) in Paris eingetroffen.
Er bekommt die Nachricht das die Kathedrale brennt und befiehlt, die Armee unter der Leitung
von Hauptmann Phöbus einzusetzen, Esmeralda und die Ziege herauszuholen um sie zu töten.
Die Armee schreitet ein man hört Schüsse und Schreie.
Die Angreifer werden nach und nach getötet und weichen zurück.
Gringoire und der maskierte Claude sind mit Esmeralda und Djali entkommen.
Sie versuchen über die Seine zu fliehen.
Der Dichter fühlt sich allerdings der Verantwortung für alle vier nicht mehr gewachsen
und will mit Djali allein weiter flüchten.
Der Unbekannte und Esmeralda laufen allein weiter.
Unterwegs gibt er sich der Unbekannte der schönen Tänzerin zu erkennen,
Zu ihrem Entsetzen ist es Claude Frollo,
der ihr nochmals eindringlich seine Liebe gesteht und sie auffordert mit ihm zu gehen.
Aber sie schreit ihn nur an: "Mörder, Geh weg Du Dämon".
Daraufhin zerrt er sie zum Käfig von Gudule, damit sie Esmeralda festhält bis die Soldaten kommen.
Durch eine tragische Wende des Schicksals entdecken beide, dass sie Mutter und Tochter sind.
Zu spät die Soldaten unter der Führung von Phöbus sind schon da.
Esmeralda verrät sich durch einen Aufschrei und wird aus dem Käfig gezerrt und von
Jacques Scharmolue (Jürgen Hartmann) erschossen.
Fassungsloses Entsetzen macht sich breit und Scharmolue begründet die Tat mit:
"Der König hat es doch so befohlen".
Quasimodo sieht alles von weitem und begreift, dass allein sein Herr am Unglück von Esmeralda schuld ist.
Er sieht ihn an der Leiche von Esmeralda stehen, erwürgt ihn und verschwindet spurlos.
Eine wundersame Geschichte erzählt, dass man nach mehreren Jahren in der Gruft von Esmeralda,
noch ein zweites Skelett gefunden hat welches das ihre umarmt und nicht mehr loslassen will!!!!!
Im Stück
NOTRE DAME
sind die gestellten Fragen zu Ausgrenzung, Vorurteilung und gesellschaftlicher Stimmungsmache aktueller den je
und stimmen sehr nachdenklich.
Was am Ende übrig bleibt ist eine mit Leichen gefüllte Bühne und die Rückschau
auf eine wunderbare Vorstellung, mit durch die Bank fantastischen Schauspielern und Comparsen.
Der raffinierte Wechsel zwischen den Erzählungen des Stücks
und der gleichzeitige Wechsel in die eigentliche Rolle einzelner Schauspieler auf der Bühne schafft für das Publikum
den besonderen Effekt Leser und gleichzeitig Zuschauer zu sein.
Richy Müller beherrscht seine Rolle als der diabolische Claude Frollo, der überall und nirgends
zu sein scheint und man glaubt ihm unbesehen seine innerliche Zerissenheit.
Cathrine Sophie Dumont spielt die anmutige und gleichzeitig leidenschaftliche Tänzerin Esmeralda,
der nur einer zu nahe kommen darf.
Und zwar Oliver Urbanski der den eitlen Hauptmann Phöbus glaubhaft spielt.
Robert Nickisch, hat mir mit seiner ausgeprägten Körpersprache, in der Rolle als Quasimodo besonders gut gefallen..
Mit Witz Charme manchmal kokett zeigt auch Anouschka Renzi
(in einer Mehrfachrolle unter anderem als Puffmutter, Adlige und Erzählerin)
eine große Bühnenpräsenz.
Mathias Schlung als erfolgloser aber hinreißender Dichter Gringoire ist eigentlich
einer der wenigen die an der Liebe nicht scheitern.
Genau wie Karla Sengteller die als Ziege Djali, einige Male mit ihrem Spiel die Zuschauer verblüffte
und in Erinnerung bleiben wird.
Nicht zu vergessen Günter Alt der in mehreren Rollen gleichzeitig brillierte
(u.a. Erzähler, Richter, Clopin und am Hof der Wunder).
Den Szenenapplaus hat sich an diesem Abend Thorsten Nindel als König Ludwig XI sehr verdient.
Er sprang kurzfristig für den erkrankten Walter Plathe ein und
verpasste Ludwig XI seine eigene persönliche Note 😉.
Auch eine besonders eindrucksvolle Rolle in Notre Dame
besetzte Bettina Hauenschild in der Rolle als Gudule.
Zum Schluss sind noch zu erwähnen:
Jürgen Hartman
Lara Aylin Winkler, Luca Lehnert, Kristina Kufert
die alle in mehreren Rollen brillierten
& Jan Pfeiffer er spielte an diesem Abend den Sohn..
Mein Resümee:
Die Bad Hersfelder Festspiele 2022
haben es wieder geschafft mich zu faszinieren und es ist ja noch nicht mal zu Ende.
Auf dem Programm stehen noch:
Der Club der toten Dichter
Goethe
Volpone (im Schloss Eichhof)
und der kleine Glöckner.
Ihr werdet also wieder von mir hören bzw. etwas lesen.
In diesem Sinne
KarSo
PS.: Begleitend zu NOTRE DAME können die Besucher des Stiftparks im CHIMÆRIUM einen fiktiven Zoo phantastische Wesen, Mischwesen aus
Mensch und Tier – sogenannte Chimäre –, die hier scheinbar in wissenschaftlicher Manier ausgestellt sind, erleben.
01.-30.07.2022
02.-27.08.2022
Spielzeit von 19:30- ca. 20.15 Uhr
Links:
https://www.bad-hersfelder-festspiele.de/
https://www.bad-hersfelder-festspiele.de/spielplan/uebersicht.html
https://www.bad-hersfelder-festspiele.de/tickets/kartenzentrale.html
https://theater-anu.de/chimaerium/bad-hersfeld/
Weitere Links zu Berichten über Bad Hersfeld auf www.karso-unterwegs.de
https://www.karso-unterwegs.de/veranstaltung-bad-hersfelder-festspiele